Standing Ovations für die Wigbertschulerinnen und Wigbertschüler

Standing Ovations für die Wigbertschülerinnen und -schüler

Der Abend ist schwül und verregnet, die Atmosphäre in der Fahrzeughalle des US Camps in der Gedenkstätte Point Alpha gespannt. Was erwartet die etwa 300 Besucherinnen und Besucher der Theateraufführung „GESCHLEIFT“? So genau kann sich kaum einer vorstellen, wie die Schülerinnen und Schüler das emotional bis heute schwierige Thema der geschleiften Höfe auf die Bühne bringen wollen. Von Beginn an ist klar, dass im Publikum viele Betroffene der damaligen Zeit bzw. deren Nachfahren anwesend sind. Sie haben im Zuge der „Aktion Ungeziefer“ 1952 sowie der „Aktion Kornblume“ 1961 Haus und Hof in der Rhön verloren, weil die DDR-Sicherheitsorgane freies Sicht- und Schussfeld an der ehemaligen innerdeutschen Grenze haben wollten. Außerdem sollten politisch kritische Personen, die sich offen gegen das Grenzregime und gegen das politisch unfreie System der DDR aussprachen, aus dem DDR-Grenzsperrgebiet entfernt werden. Die zwangsumgesiedelten Familien, die in der DDR zu Unrecht als Kriminelle gebrandmarkt wurden, tragen bis heute ihre traumatischen Erfahrungen weiter. Denn weder die Geschichtswissenschaft noch die Politik haben einen vernünftigen Modus gefunden, wie mit der Erinnerung an die geschleiften Höfe sowie deren Bewohner umgegangen werden sollte. Es gibt zu wenige wissenschaftlich fundierte Publikationen dazu und im öffentlichen Diskurs ist das Thema kaum präsent. Einige wenige Lokalhistoriker wie Wolfgang Christmann und Bruno Leister, deren Werk „Zur eignen Sicherheit?“ die Quellengrundlage für das Theaterprojekt bildete, finden noch immer zu wenig Gehör. Umso wichtiger war das starke Signal, das von der Aufführung „Geschleift“ ausging. Den Schülerinnen und Schülern ist es gelungen, das geschehene Unrecht zu zeigen und den Zwangsumgesiedelten eine starke Stimme zu geben, die sich gegen das Vergessen und für das Erinnern ausspricht. Die Bühnenpräsenz aller Akteure des Stücks war ernsthaft, klar, aber auch humorvoll und versöhnlich. Es ging ihnen nicht um eine Anklage, sondern um die Darstellung, wie die große Geschichte des Ost-West-Konflikts sich in der Rhön und damit in ihrer eigenen Heimat manifestierte. Dass diese Botschaft beim Publikum ankam, zeigten die Reaktionen nach dem Stück – Standing Ovations und viele persönliche Rückmeldungen auf den Social-Media-Kanälen von Point Alpha. Die Stiftung Point Alpha, die Bundesstiftung Aufarbeitung sowie das Landestheater Eisenach, vertreten durch die freien Mitarbeiter Juliane Stückrad und Stephan Rumphorst, bedanken sich herzlich bei den beteiligten Wigbertschülerinnen und -schülern.

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